Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Klage wegen unrechtmäßiger Vertreibung. Forderung des Güterverkaufs und des Zugangs zum Erzstift. An Kg. und Reichsstände.

Supplikation an Kg. und Reichsstände (gemäß kgl. Dekret vom 2. 1. 15571  dem Mainzer Kanzler zur Vorlage im RR um Gutachten der Reichsstände zu übergeben2 ; kopiert am 30. 1.)3 , unterzeichnet von Veit Kölderer zu St. Johann, Hans Feldweger von Mühldorf, jetzt wohnhaft in Burglengenfeld, Thomas Kirchgasser von Radstadt, Christoph Rosenheimer von St. Johann, jetzt Bürger zu Regensburg, Michael Angerer, Messerschmied von Mühldorf, jetzt Bürger zu Regensburg, für sich und im Auftrag der anderen wegen der CA aus dem Erzstift Vertriebenen; mit 19 Belegdokumenten4  (Schilderung der konkreten Bedrängung von einzelnen Untertanen im Erzstift, jeweils unterzeichnet von diesen Untertanen oder deren Verwandten; örtliche Schwerpunkte: St. Johann im Pongau, Mühldorf/Inn, Gericht Radstadt): Sind als Untertanen im Erzstift Salzburg wegen des Empfangs der Kommunion in beiderlei Gestalt und der Annahme der wahren Religion unter Verstoß gegen den Religionsfrieden inhaftiert, mit Frauen und Kindern von Haus, Hof und Gütern vertrieben und aus dem Land gewiesen worden. Dürfen wie Straftäter das Erzstift nicht mehr betreten. Bitten um Veranlassung, dass der Ebf. ihnen wie anderen, die nichts Strafwürdiges begangen haben, den Verkauf ihrer Güter sowie den Zugang zum und den Handel im Erzstift erlaubt.

Beratung im Supplikationsrat am 8. 2. 15575  mit Beschluss des Dekrets6 , im RR am 13. 2. als Ständedekret gebilligt: Anforderung von Gegenbericht des Ebf.

Beschluss im KR am 17. 2. gegen das Votum von Kurpfalz, das feststellt, der Verstoß gegen den Religionsfrieden sei offensichtlich7 : Empfehlung an den Kg., Gegenbericht des Ebf. anzufordern. Referat des Beschlusses vor dem Kg. noch am 17. 2.8

Weitere Supplikation der aus dem Erzstift Vertriebenen als Replik zum Gegenbericht des Ebf. [übergeben am 12. 3. 1557]9 , gerichtet an die Reichsstände, unterzeichnet von den aus dem Erzstift Salzburg verjagten, jetzt in der Pfalz oder in Regensburg ansässigen Angehörigen der CA 10 : Sind bereit, alle Punkte des Gegenberichts zu erwidern. Da der Ebf. aber bereits abgereist ist und der RT in Kürze zu Ende geht, bitten sie unter Berufung auf den Religionsfrieden wie in der ersten Supplikation darum, sie in ihrem Recht zu schützen.

Anmerkungen

1
 Dekret als Aktenvermerk auf der Kop. in HStA Düsseldorf, JB II 2297, fol. 349. Die Supplikanten wandten sich mit der Bittschrift am 13. 12. 1556 zunächst an die Versammlung der CA-Stände. Dort Beschluss, sie an Kg. und Reichsstände zu weisen (Kurpfalz C, fol. 166 [Nr. 366]).
2
 Die Vorlage im RR ist nicht protokolliert. Vgl. zur gezielt verzögerten Übergabe durch Vizekanzler Jonas an den Mainzer Kanzler den Beschluss der CA-Stände am 22. 1. 1557: Kurpfalz C, fol. 182 [Nr. 371].
3
  HHStA Wien, RK RTA 40, unfol. Kop. HStA München, KÄA 3179, fol. 252–256. Kop. (mit abweichender, wohl falscher Aufschr.: Kopiert am 1. 2.).
4
  HHStA Wien, RK RTA 40, unfol. HStA München, KÄA 3179, fol. 256’–282. Kopp.
5
  HHStA Wien, MEA RTA 42, fol. 22’ (Protokoll).
6
 Ebd., fol. 69–74’, hier 73’ f. Kop. Kursachsen, fol. 374’; Kurpfalz, fol. 521 (Billigung im RR).
7
  Kursachsen, fol. 375’.
8
  Würzburg, fol. 223 f.; Nürnberg, fol. 323’ f.
9
 Der Gegenbericht konnte in der Überlieferung der RTA nicht aufgefunden werden. Zur Übergabe vgl. die Versammlung der protestantischen Reichsstädte am 13. 3. 1557, in der Regensburg die übrigen Städtegesandten über die Verhandlungen der CA-Stände informierte. Dabei die Feststellung, der Gegenbericht des Ebf. sei verspätet erst gestern übergeben worden. Dazu hätten die CA-Stände beschlossen [diese Beratungen zum Salzburger Gegenbericht werden in der Protokollierung der Versammlungen der CA-Stände nicht mehr aufgezeichnet], die Supplikanten zu unterstützen, damit andere Ff. und Hh. künftig nicht nach dem Salzburger Beispiel verfahren. Ein Ausschuss sollte die Supplikation beraten und mit dem Kg. verhandeln, damit die Vertriebenen wieder zu dem iren kommen mochten unnd wider den aufgerichten religion- unnd prophan friden nitt beschwert wurden (Nürnberg B, unfol. [Nr. 387, Anm. h]). Zum Inhalt des Gegenberichts vgl. das spätere Promotoriale der auf dem Frankfurter Tag im Sommer 1557 versammelten CA-Stände, gerichtet an den Ebf. (Frankfurt, 1. 7. 1557): Verwehren sich gegen die wesentliche Behauptung im Gegenbericht des Ebf.: Es handle sich bei den Vertriebenen um keine Sakramentarier oder Wiedertäufer, sondern um Angehörige der CA, für die gemäß Religionsfrieden das freie Abzugsrecht gelte (Druck:  Bucholtz IX, 563 f.).
10
  HStA München, K. blau 107/3a, unfol. Kop. ohne Vermerke oder Datierung.