Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Lob für die von den Reichsständen aufgewendete Mühe, notwendige Ergänzung und Modifikation verschiedener Artikel; [2.] Anhaltende Bedrohung des Papstes durch Krieg, Gefahr eines Schismas, Aufforderung des Papstes sowie der Kgg. von England und Aragón an den Ks. zu gemeinsamer Abwehr gegen Frankreich; [3.] Antwort des Ks. hierauf erst nach Zustimmung der Reichsstände; [4.] Notwendigkeit seiner Beteiligung an den Maßnahmen zum Schutz des Papsttums vor dem Zugriff Frankreichs; [5.] Aufforderung an die Stände um Stellungnahme, welche Antwort auf das päpstliche Hilfeersuchen gegeben werden soll und wie sie sich an der Hilfeleistung beteiligen wollen; [6.] Unzuverlässigkeit der Hilfszusagen des frz. Kg. als Grund für die Aufkündigung des Bündnisses mit ihm; [7.] Entschlossenheit des Ks. zur Verteidigung Gelderns gegen frz. Ambitionen; [8.] Bereitschaft zur Einbeziehung der Häuser Österreich und Burgund in die Reichsordnung, ihre Verdienste als Schutzschild des Reiches gegenüber Frankreich und anderen Nachbarn, Konflikt der Habsburger mit Karl von Egmont um Geldern; [9.] Dessen Unterstützung durch den frz. Kg., Gefahr des Verlusts von Geldern sowie einer Bedrohung der rheinischen Kftt. und des ganzen Reiches durch Frankreich; [10.] Chance auf einen Sieg gegen Karl von Egmont und den Gewinn Gelderns im Fall einen Unterstützung des Ks. durch die Reichsstände; [11.] Nachdrückliches Ersuchen um Hilfe für den Geldernkrieg; [12.] Rückzahlung der dem Ks. 1509/10 gegebenen Anleihe aus den Erträgen des geplanten Gemeinen Pfennigs; [13.] Wunsch nach dessen Verdoppelung im ersten Jahr, Verwendung des Geldes je zur Hälfte für den Schutz des Papstes und den Geldernkrieg; [14.] Einsetzung von zwölf ständischen Reichsräten zur Eintreibung des Gemeinen Pfennigs bei den Zahlungsunwilligen; [15.] Neunjährige Gültigkeitsdauer der Reichsordnung; [16.] Billigung einer jährlichen Reichsversammlung, Vorschlag von Tagungsorten, Ausschreibung der Reichstage durch Ks. und Reichsräte; [17.] Schriftliche Verpflichtung der Stände zur Teilnahme an den Versammlungen; [18.] Deren Anberaumung drei Monate im Voraus, gegebenenfalls persönliche Zusammenkunft der Stände nur im ersten Jahr, danach Entsendung von Verordneten; [19.] Nacheile bei Friedbrüchen, Einsetzung von Kreishauptleuten zur Überwachung des Landfriedens, deren Finanzierung durch den Gemeinen Pfennig; [20.] Ablehnung einer Erhöhung der Zahl der Reichskreise, Verordnung der Kreishauptleute durch Ks. und Stände; [21.] Billigung der übrigen Artikel des Ordnungsentwurfs; [22.] Ersuchen um Antwort der Reichsstände auf diese ksl. Stellungnahme; [23.] Klagen von Adeligen und Prälaten über Pfahlbürger, die ihren ehemaligen Obrigkeiten keine Abgaben mehr leisten, Ersuchen um Aufnahme einer entsprechenden Steuerpflicht in den Ordnungsentwurf; [24.] Formulierungsvorschlag hierfür.

ohne Ort, kurz vor 11. Juni 15121

Kop.: A) Nürnberg, StA, Ft. Brandenburg-Ansbach, RTA Nr. 9, fol. 153a-168b (Überschrift: Samstag nach Viti anno etc. XIImo [19.6.12]. Röm. ksl. Mt., unsers allergnst. H., antwort uf der Kff., Ff. und stende des hl. Reichs schrift und entsluss, so sie irer Mt. hofmeister und hofreten jungst ubergeben haben [Nr. 989/I]); B) Bamberg, StA, Hst. Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 8, fol. 39a-48a (mit Zwischenüberschriften, die den Inhalt des jeweils nachfolgenden Abschnittes kennzeichnen); C) Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 58, fol. 215a-225b (Überschrift wie in A ohne das einleitende Datum); D) Frankfurt, IfStG, RTA Bd. 31, fol. 43b-54a; Köln, Historisches A., Köln und das Reich Nr. 40, fol. 15a-24b; Marburg, StA, Best. 2 Nr. 121, o. Fol. (Überschrift wie in A); Straßburg, AM, AA 336, fol. 33a-40a (Überschrift: Sabbato Gervasi et Protasi [19.6.12], ist nach Viti und Modesti im Juni); Straßburg, AM, AA 337 Fasz. 1, fol. 54a-60a; Stuttgart, HStA, A 262 Bd. 8, fol. 117a-125b (Überschrift wie in A); Ebd., fol. 302a-312a (Überschrift wie in A ohne das einleitende Datum); Ebd., fol. 228a-238a (Überschrift wie in A ohne das einleitende Datum; Vermerk fol. 238ab: Ksl. Mt. antwort uf der stende entslos); Würzburg, StA, Würzburger RTA 6, fol. 54a-62b.

Druck: Janssen, Frankfurts Reichscorrespondenz, Nr. 1080.

[1.] Anfenglich, als sich die gemelten Kff., Ff. und stende ires langen bedachts, bisher zu dem handel gebraucht, aus merklicher notturft und grosse der sachen, auch andren angezeygten ursachen entschuldigen, hat ir ksl. Mt. iren getreuen, emsigen und guten vleys, so sie in verfassung angeregts entsluss und ordenung irer ksl. Mt., dem hl. Reyche, ine selbs und teutscher nacion zu eren, wolfart und nutze furgewent haben, von artikeln zu artikeln gnediglich gehort und verstanden, lesst irer Mt. auch dieselben mererteils wol gefallen, doch mit etlichem zusatze und besserung, die ir ksl. Mt. als di treffenlichstena und maisten, on di auch berurt ordenung und entsluss nymant zu frucht dienen noch bestand haben noch in volnzug reychen mage, aus grossen, beweglichen ursachen gemeyner cristenheyt, dem hl. Reyche und allem wesen zu nutze und gutem dermassen gnediglichen bedacht und ermessen hat, wie hernachvolgt:

[2.] Erstlich, als in gemeltem entsluss und ordnung unser Hl. Vater, der Babst, und die cristelich kirchen durch Kff., Ff. und stende in zweyen artikeln, wie di aufeinander deshalben volgen, bedacht wurd, des di röm. ksl. Mt. gare sunders gn. und guts gefallen hat, und woe di Bebstlich Hlkt. in friede und ruhe were, were nicht not, deshalben ferner meldung davon zu tun, sonder bei angezeygten verfassten artikeln pleyben zu lassen. Aber Kff., Ff. und stende, auch meniglich wissen, mit was grossen, sweren kriegen und trangnus di Bebstlich Hlkt. ein gut zeit bishere beladen gewesen und noch, und deshalben vil cristlichen bluts vergossen, zu der zeit kein aufhoren, sunder ir Hlkt. noch in treffelichem und grossen krieg, auch grosser geferlichkeit irer person zu verrüttung des Hl. Stuls. Dadurch zu besorgen ist unterdrückung seiner Hlkt., auch scisma in der hl., cristelichen kirchen, dazu ander gros, treffelich sorgfeltigkeyten, so aus solchem erwachsen mocht. Und nachdem di Bebstlich Hlkt. sampt den Kgg. von Aragonien und Engelland certificiren, auch der Kg. von Frankreiche demselben gleych tut und beweyst solcher gestalt, das er das babstumb unter seinen gewalt bringen wolle, darumb dan di gemelten Babst, Aragon und Engelland den krieg wider Frankreiche angefangen haben, alleyn der meynung, das babstumb und di kirchen vor ime zu schutzen und zu retten, wie sye dan das durch den bebstlichen orator [Lorenzo Campeggi] in gemeyner versamlung weiter unterricht sein und vernomen haben. Darzu sie ksl. Mt. nit allein als advocaten der kirchen, sonder auch in bedacht der beswerung und geferlichkeit, so dem hl. Reyche darauf steet, zu irer buntnus und hyelf aufs hochst ersucht und dapey aller alten buntnus und vertrege, darin ire ksl. Mt. vor dem tractat zu Camereck mit inen stet, angezogen, auch der Babst und Aragon die buntnus zu Camereck und Engelland die buntnus, so er ausserhalb desselben mit Frankreych gehapt, zurück- und aufgeschlagenb haben alsc umb diser genotigend sachen willen.

[3.] Auf solch der Babstlich Hlkt., auch der Kgg. von Aragon und Engelland ansuchen, dweyl dasselb di cristenheyt und das hl. Reyche merklich und hoch antrifft, hat ksl. Mt. ausserhalb Kff., Ff. und stende des Reychs rate, wissen und willen kein endlich antwort geben wollen.

[4.] Dieweyl nuhe, wie vorstat, verstanden wurde, auch ksl. Mt., Kff., Ff. und stenden wissend ist, in was grossen kriegen, beswerungen und sorgfeltigkeyten sein Hlkt. in diser zeyt stet und, als sie zu ermessen haben, das sein Hlkt. und die kirchen hielf und rettung notdurftig ist und keinen verzug darin gedulden oder leyden mage, das dan auch di Kgg. von Aragon und Engelland als cristelich Kgg. bedenken und betrachten und, mit grosser macht hielf und rettung zu tun, zugesagt und bewilligt und darauf den krieg, wie vorstet, gegen Frankreyche angenomen und auf dasselb ir ksl. Mt. als advocaten der kirchen ersuchen und ermanen. Sollt nuhe die ksl. Mt. als advocat und protector der kirchen mitsampt Kff., Ff. und stenden des hl. Reychs die Bebstlich Hlkt. und die cristelich kirchen in solchen iren sweren obligenden verlassen und nicht hielf oder beistand tun, were zu besorgen, das di Bebstlich Hlkt., dazu di obgemelten cristelichen Kgg. desselben merklich beswerung und verdriess empfahen, das auch solchs teutscher nacion und den stenden des hl. Reychs in künftig zeyt bei Bebstlicher Hlkt. und dem stul zu Rome zu grossem widerwillen und nachteyl komen, und sonderlich in hendeln, di geistlichkeit betreffend. Und wurde auch ksl. Mt. und den stenden des Reychs ein grosse nachrede bei anderen stenden der cristenheit daraus erwachsen, woe di bede Kgg. Aragon und Engelland und etlich andere, so inen dismals anhangen und den stenden wol wissend, aber doch in solchem vermogen nit sein als das hl. Reyche, di hl. kirchen beschyrmen und liberiren und deshalb den namen der protection, der ksl. Mt. und dem hl. Reyche bishere zugeeygnet ist, erlangen sollten.

[5.] So aber di ksl. Mt. in dem ubergeben entsluss in obangezeygten zweyen artikeln befynd den geneygten guten willen, so di stende zu Bebstlicher Hlkt. und dem stul zu Rome tragen, und sonderlich, das in solchen artikeln angezeygt, woe di notdurft solchs erfordern oder erheyschen wurde, wie dan dasselb soll gehandelt werden, und nuhezumal di not vor augen und offenbare, wie dan hievor angezeygt wurde, demnach, auch in betrachtung, welcher gestalt das hl. Reyche und sonderlich di geistlichkeit Bebstlicher Hlkt. und der kirchen verpflicht und verwant, so ist darauf ir ksl. Mt. ernstlich, vleyssig begeren und ersuchen an Kff., Ff. und stende des Reychs, sye wollen di vorgemelten meynungen als di genotigsten mit irer ksl. Mt. bedenken und irer ksl. Mt. getreulichen rat geben, was gestalt ir Mt. dem Babst, auch den Kgg. von Aragon und Engelland auf ir ansuchen, so sye der buntnus und hyelf halben an ir Mt. getan haben, antwort geben solle, sich auch darauf entsliessen und irer ksl. Mt. zu versteen geben, was hielf ir Mt. von dem hl. Reyche zu solcher sachen und beistand Bebstlicher Hlkt. und der kirchen gehaben mage.

[6.] Damit aber nit gedacht werden oder sich yemants befrembden moge, das ksl. Mt. dem Kg. zu Frankreyche der buntnus, darin ir Mt. bishere mit ime gewest, wider fuge oder billigkeit absteen wolle, so gibt ir ksl. Mt. di nachvolgend warhaft und gegründ ursach und unterrichtung, und nemlich: Zusampt des Kg. zu Frankreychs beswerung und anfechtung, so er gegen dem babstumb und land von Geldern furnymbt, hat er ksl. Mt. di zeyt der buntnus bishere, wiewol mit einem dapfern ansehen, aber in keinen weg zu frucht noch nutze ye furtreglicher meynung gedyent, sonder sein hielf stets auf nicht anders dan zu einem scheyn bei ksl. Mt. gehalten und dazwüschen alleyn seinen vorteyl und das ksl. Mt. sein hyelf zu keyner ausrichtung erschossen, sunder ir ksl. Mt. mere aufzyehen und ausmergeln wollt, betrachtet. Dan so oft ksl. Mt. kriegsleuf glücklich bestanden sein, also das ksl. Mt den sieg in der hende gehapt und eins austrags gehofft, hat ir Mt. alwegen an ime und den seinen nachteyl und mangel gefunden, also das sye entweters zu langsam angezogen oder, wan sye gleych ankomen, im feld verlegen oder, so es not getan hat, angestelt und abgefordert sein. Dan wo er ksl. Mt. zu hyelf, di er ir Mt. getan, getreulich als ksl. Mt. ine gemeynt, het ksl. Mt. langest irer Mt. willen oder ein erlich, gut richtigung von den Venedigern erlangen mogen, zusampt vil andern geferlichen meynungen, so ksl. Mt. von ime begegent, doch hie zu erzelen on not sein.

[7.] Dem hat ksl. Mt. bishere also zugesehen, der hoffnung, er sollt sich gebessert haben. Als sich aber sein sieg uber den Babst, wie meniglich weyß, so gros zugetragen,2 hat ir Mt. nit gebürt, lenger zuzusehen. Und hat ine darauf probiren wollen, ob ir Mt. irer buntnus, di ine di zeyt here vil gefurdert hat, etwas gegen ime genyessen und doch das land Geldern richtig machen mocht. Als er aber solchs merkt, so ist ime das swere zu leyden und verlast ehe dasjene, so er bisher in Ytalien erlangt hat, weder [= als] das er sich des lands Geldern erwegen moge, gutlich zu gedenken, ime dadurch, wi oblaut, ein eingang in das Reyche zu machen. Das alles kan noch mage ksl. Mt. mit eren nit leyden, dan di buntnus, so ksl. Mt. mit ime gehapt, streckt sich nit wider den Babst oder das Reyche noch irer Mt. erblehen.

Das alles hat ksl. Mt. hiemit Kff., Ff. und stenden des Reychs dannocht zu einer gegrundten unterricht und erinnerung der sachen gnediglich und freuntlich zu erkennen geben wollen.

[8.] Zum anderen, dweyl ir ksl. Mt. aus vor angezeygter handlung vermerkt das loblich und gut furnemen, auch den geneygten willen, so Kff., Ff. und stende zu aufrichtung diser handlung haben, so ist ir ksl. Mt. des gn. erbietens und bewilligt hiemit, das di heuser Osterreych und Burgundi in solch ordnungen und mitleyden gezogen werden. Und nachdem den stenden, auch meniglichen wissend, auch offenbare ist, das di bede heuser Osterreych und Burgundi zwüschen des hl. Reychs und der anstossern, als des Kg. von Frankreychs und anderer von denselben und vil andern gezungen, ein schild und trost sein, das auch dieselben heuser zu aufenthaltung des hl. Reychs wider dieselben gezunge nit ubel erschossen, gros aufrur und kriege gehapt, damit sie bishere dieselbe frembde gezunge und derselben macht aufenthalten und sich vor denselben beschyrmet und darin getreuen, guten widerstand getan haben, dadurch sonderlichen di stende des Reychs, so denselben frembden gezungen gelegen und gesessen, bishere in guter ruhe und friden plyben sein, als auch ir Mt. alzeyt zu tun geneygt gewest und noch ist. Aber ir ksl. Mt. setzt in keinen zweyfel, Kff., Ff. und stende haben gut wissen den langwirigen krieg mit dem land von Geldern, das dan on alles mittel, als meniglich weyß, ein glyde und eygentumb des hl. Reychs ist und von ir ksl. Mt., auch von ir ksl. Mt. sone, Kg. Philippsen von Castilien loblicher gedechtnus, vom hl. Reyche zu lehen getragen und erkennt ist und ksl. Mt., auch weylnt demselben Kg. Philippsen und ytzo ir Mt. enkeln durch Kareln von Egmunt geweltiglich wider alle billigkeit und recht vorgehalten ist und wirdet, wie dan ir ksl. Mt. den gemelten stenden dasselb ytzo auf disem reychstage auch schriftlichen angezeygt hat [Nr. 820].

[9.] Und wiewol ir ksl. Mt. gross costen, mühe und arbeyt zu eroberung desselben lands gehapt und den gedachten von Egmunt getrungen, das er sich in vertrag und richtigung deshalb gegen ir Mt. und dem genanten Kg. Philippsen gegeben, so hat er doch dem allen nye kein volnzyehung getan und alzeyt seinen trost auf den Kg. von Frankreyche gesetzt, der dan ksl. Mt. und dem Reyche zuwider denselben von Egmunt bishere und noch stetigs mit leuten und gelt heimlich und offenlich unterhaltet und ime merklich hielf und furschuep getan hat. Daraus gut abzunemen, das sein meynung und gemuete ist, ksl. Mt. dasselb land zu entpfrembden und dadurch sich weiter in das Reyche einzudringen. Wo nuhe dasselb bescheen und das land von Geldern in des Kg. von Frankreychs hand und gewaltsam komen sollt, so wer das haus von Burgundi von dem hl. Reych genzlich geschyeden und mocht sich keinswegs weiter enthalten. Damit so het derselbig Kg. einen treffelichen eingang in das hl. Reyche und sonderlich gegen den Kff., Ff. und andern stenden des Reyns. Zu was grossem nachteyl und ewigem, unwiderbringlichen schaden und verderben solchs dem hl. Reyche reychen würde, das gibt ir ksl. Mt. den stenden selbs zu ermessen, und sonderlichen den vorgemelten reynischen Kff., Ff. und stenden, di on allen zweyfel mitsampt iren untertanen solcher gelderischen krieg halben an iren zollen, renten, gulten und nutzungen abgang, auch gemeyn kaufleute an iren kaufmanshendeln merklich verderben, darzu auch di andern stende, so gleyt und ander obrigkeit haben und die der gemein kaufman teglich gebrauchen muss, nachteyl haben und leyden.

[10.] Dieweil nuhe di stende des hl. Reychs bei inen selbs bedenken und abnemen mogen, das ksl. Mt. zu handhabung des hl. Reychs eigentumb und der heuser Osterreych und Burgundi lehenschaft erenhalben nit geburt, das land Geldern zu verlassen oder zuzusehen, das dasselbig in des Kg. von Frankreychs oder ander frembde hende kome und inen dadurch den eingang in das hl. Reych zu machen, dan die buntnus, so ksl. Mt. mit ime haben, sich wider Bebstlich Hlkt. noch das Reyche noch ire Mt. erblehen nit erstreckt. Und hat sich ksl. Mt. erenhalben und auf Karel von Egmunts unbillichen krieg und furnemen in di gegenwerhe schicken müssen und dis vergangen jars mitsampt iren untertanen der Nyderland etlich 100 000 fl. zu aufenthalt desselben von Egmunts, seinen helfern oder anhengern verkriegt. Und wiewol derselb von Egmunt gros hielf und furschuep, wie vor angezeygt, gehapt hat, nichtsdestmynder so ist er diser zeyt mitsampt den untertanen des lands von Geldern in grossem abnemen, und die untertanen des kriegs muet und dermassen in abfall geschickt und gehelliget, woe ir ksl. Mt. von Kff., Ff. und stenden des Reychs hyelf beschicht, das ir Mt. der hoffnung were, das land von Geldern gare in kurzer zeyt genzlichen zu erobern und in ir gewaltsam zu bringen, damit die sorgfeltigkeit, so dem hl. Reyche und teutscher nacion, wo dasselb land in des Kg. von Frankreychs gewalt komen sollt, verhüt würde.

[11.] Auf solch alles ist ksl. Mt. ernstlichs und fleisigs ersuchen und begeren, das die stende des hl. Reychs disen handel, Geldern betreffen, mit allem vleys und ernst, als dan solchs di notdurft erfordert, bedenken und irer ksl. Mt. aus oberzelten ursachen und sonderlich, dweyl Geldern des hl. Reychs eygentumb und von demselben zu lehen rürt, mit statlicher und trostlicher hielf und beistand erzeygen und beweysen und ir ksl. Mt. darin keinswegs verlassen wollen, als sich dan ksl. Mt. zu inen ungezweyfelt versicht.

[12.] Und nachdem ksl. Mt. in verschyner zeyt zu unterhaltung allerlei notdurft des Reychs ein merklich summa gelts, nemlich uber 40 000 fl., von etlichen Ff., prelaten, steten und andern des Reychs aufpracht und denselben, solch summa von dem negsten anschlag des Reychs zu vergenugen, zugesagt,3 so ist irer ksl. Mt. gn., freuntlichs ansynnen und begeren an di Kff., Ff. und stende, das sie wege und mittel furnemen, damit di gedacht summa von dem gemelten anschlag, wie das am fuglichsten bescheen moge, bezalt werde.

[13.] Aus itzo erzelten ehaften und notdurften so bedunkt ksl. Mt. der anschlag und gemeyner pfenning, wiewol ordenlich und gleych taxirt, aber zu ausrichtung berürter zweyer hendel zu dem babstumb und Geldern, auch zu der bezalung der 40 000 fl. zu geringe, sunder vermeynt ir Mt., not sein, ist auch darauf ir Mt. begeren, solchen anschlag und gemeynen pfenning das erst jare zu duppliren, und nemlich halp zu des Babsts sachen und halp zu dem Gelderland zu gebrauchen und volgen zu lassen.

[14.] Und wiewol ksl. Mt. ir gefallen leßt, das ein jder F. und stand in seinem Ft. und gebyet den anschlag und gemeynen pfenning einbringe, so erfordert dannocht in al wege di notdurft und ist ksl. Mt. begeren, das von den Kff., Ff. und stenden 12 rete zu ksl. Mt. an irer ksl. Mt. hove geordent werden, auch mit gewalt, den anschlag und gemeynen pfenning bei den ungehorsamen dannen zu richten und einzubringen und einhelliglich mit ksl. Mt. zu handeln, dan on das so wer es alles umbsunst und wurde kein gehorsam erlangt.4 Dan so sich in bezalung des anschlags einer oder mere stende gegen ksl. Mt. oder di untertanen gegen den stenden ungehorsam hyelten, so nemb ksl. Mt. noch sye den unlust nit gern über sich. Das müssten di 12 tun und über di ungehorsamen ein strafe und pfandung erkennen, di auch also tun und volzyehen. Und zu solcher strafe und pfandung müßt der costen, auch di unterhaltung der 12 rete von dem anschlag und gemeynen pfenning genomen werden. Darumb aber not ist, den anschlag das erst jare zu dupplirn.

[15.] Ferrer, so ist ksl. Mt. begeren, das solch ordenung auf 9 jare gestellt, also das dise ordenung solch 9 jare were und gehalten werde, doch di 8 nachvolgenden jare zu pleyben bei dem einfachen anschlag.

[16.] Item ir ksl. Mt. leßt ir auch gnediglich gefallen, das ir ksl. Mt, auch Kff., Ff. und stende alle jare einmale zusammenkomen. Item so ist ksl. Mt. meynung, das di malstat derselben versamlung sei nach gestalt und gelegenheyt der leufe und notdurft, nemlich von [wegen] orient zu Augsburg, Ulm oder Nüremberg und von wegen occident zu Strasburg, Worms, Kolen oder Trier, und das ksl. Mt. mitsamt den 12 obgemelten reten di versamlung an der orter eins beschreyben moge.

[17.] Item zu verbynden, das di Kff., Ff. und stende gewyeßlich komen und einer auf den andern nit weger, ist auch ksl. Mt. meynung und bedunkt ir Mt., auch solchen weg zu vergewyesen, das sich iglicher Kf., F. und stande in sonderheyt itzo bei seinen pflichten verschreybe, wan er durch ksl. Mt. und di 12 an der bemelten ort eins ermant werde, das er von stund an personlich, unangesehen aller gescheft, alleyn ausgenomen, ob ine Gots gewalt verhyndert, und woe dasselb were, alsdan dannocht durch sein volmechtig botschaft, on hinter sich bringen zu handeln, erscheynen wolle.

[18.] Und das den stenden alweg der tag 3 monat vor verkündt werde, und in solchem weg so wurd nit not langer meynung, sunder alleyn ein ermanung und forderung von ksl. Mt. und den 12 reten auszuschreyben. Ob aber di stende beswerlich bedunken wollt, di 9 jare jerlichen zusamenzukommen, so moge ksl. Mt. leyden, das sye nur das erst jare einmale gar zusamenkomen und di andern 8 jare di 44 von iren wegen verordnen, wie dan ksl. Mt inen zu Trier furgehalten hat,5 es wer dan, das ein zug oder notdurft furfallen, das man das ganz gelt angreifen mußt, das sye dan gare zusamenkomen. Doch uf di heckenreyterey oder plackerey oder auf strafe und pfandung der ungehorsamen und den gemeynen pfenning einzubringen, in das gelt zu greyfen, mochten di 44 tun.

[19.] Item auf den artikel, ob imants den andren wider den aufgerichten landfriden vergeweltigen, beveden, absagen, bekriegen oder das sein mit gewalt on recht nemen würde, in demselben, so das zu frischer tate beschee, sollen alle, di des ermant oder für sich selbs innen würden, nacheilen, helfen retten und behalten, solchs sicht ksl. Mt. auch für gute an. Aber ire Mt. bedunkt, das sei der mangel, das sich auf ein solche tate, so in einer gehe beschiht, nymant untersteen wurde, der erst oder der anfenger zu sein. Darauf bedünkt ksl. Mt. not sein, ist auch ir Mt. begeren, das in den 6 teylen des Reychs in jedem ein sunder heuptman nit mere dan mit 12 pferden geordent und unterhalten werde, der sonst nichts zu tun habe, dan uf solch ubelteter zu merken und zu streyfen, und woe sich etwas zudregt, demselben eylents nachzukommen und di negsten in 6 teil aufzumanen. Und was darin versaumt oder hyngeen würde, das sollt derselbe heuptman verantworten.

Und dise 6 heuptleute mit iren pferden, auch di 12 rete solen di nachvolgenden 9 jare auch von dem anschlag und gemeynen pfenning unterhalten werden. Wo aber der handel zu swer und lestig wer, das dan solchs durch den heuptman, in des sechsteyl sich der fale begibt, an ksl. Mt. und stende des Reychs uf negster versamlung, so gehalten würde, gebracht werde.

[20.] Item ksl. Mt. bedunkt, an den 6 teilen und gezirken des Reichs genug zu sein. Dan der heuptleut halben in denselben teylen, di mage ksl. Mt. und di stende, so sie zusamenkomen, wol verordnen.

[21.] Die ubrigen artikel und sachen alle in der stende begriffen ordenung und entsluss leßt ksl. Mt. pleyben, weyss nichts darin zu corrigiren, sunder alleyn di obgeschrieben meynung begert ir Mt. zu handeln und zu erstatten.

[22.] Dem allem nach ist ksl. Mt., unsers allergnst. H., ernstlich, vleyssig begere und meynung, das Kff., Ff. und stende des Reychs die obberürte ksl. Mt. gn. anzeygung, bewegung und begerung, die der gedachten ordenung und allem handel zu furderung, auch irer Mt., dem hl. Reyche und Kff., Ff. und stenden zu ere, wolfart und nutze erschyessen mage, nach notdurft erwegen und ir ksl. Mt. durch ir furderlich, verstendlich widerantwort ires gemüts und willens eygentlich berichten wollen. Das würdet ir Mt. zu fruntlichem, gn. gefallen von inen vermerken und solchs gegen inen allen und ydem besonder zu gnaden und gutem nymer vergessen.

[23.] Weiter so gibt ksl. Mt. Kff., Ff. und stenden des Reychs zu erkennen, wie ir ksl. Mt. verschyner zeyt vil clagen angelangt, der meynung, das etlich stet der von prelaten, adel und andern untertanen und hintersessen zu burger annemen und mit heuslicher wonung zu inen zyehen und dieselben in craft irer vermeinten freyheyt handhaben, das sye von iren gütern, di unter denselben iren alten herschaften ligen und sy durch ire gedingte dinstleut bauen, weder steur, gewerf noch ander dinstbarkeit, wie von alter herkomen ist, nit mere geben noch tun und nichtdestmynder wune [= Wiese], weyde, feld, wasser, holz, schyrm und freiheyt gebrauchen sollen. Dweyl aber solchs wider alle pilligkeit und den, so uf den gütern, die in iren herschaften, gerichten und gebieten gelegen sein, steur, gewerf und ander dinstbarkeit haben, ganz abprüchlich und unleydlich were, darumb ist irer ksl. Mt. begere und meynung, das Kff., Ff. und stende nach irem rate und gutbedunken in di jüngst verfaßten ordenung deshalben einen besondern artikel nachvolgender meynung setzten wollen:

[24.] Nemlich, welch stet dergleychen bürger angenomen hetten oder noch annemen würden, das dieselben bürger nichtsdestermynder von allen iren gütern, die sye demnach behalten und durch ire dinstleute bauen, den herrschaften, darunter di gelegen sein, steur und gewerf geben und alle dinstbarkeit beweysen, wie vor zu der zeyt, ehe und derselbe an andern orten bürger worden, bescheen und von alter herkomen ist. Und ob ymants dawider eynich freiheit het, das di ytzo alsdan und dan als ytzo widerruft und abgetan sein fund dawider bei einer nemlichen pen nit getan noch gehandelt werden solle–f.

Anmerkungen

1
 Das in mehreren Exemplaren genannte Datum 19. Juni gibt wohl den Tag an, an dem das Stück den Reichsständen zur Beratung vorgelegt wurde. Bereits am 11. Juni war es von Lier aus durch Jakob Villinger an Zyprian von Serntein übersandt worden (Nr. 1825 [2.]) und laut dessen Antwortschreiben (Nr. 1826 [3.]) am 15. Juni in Trier eingetroffen.
a
 D nechsten.
b
 C abgeslagen, D usgeschlagen.
c
 C alles
d
 C gn.
2
 Bezugnahme auf die Schlacht bei Ravenna am 11. April 1512, in der die frz. und ksl. Truppen die vereinigten Heere des Papstes und des Kg. von Aragón besiegt hatten.
e
 C grund.
3
 Der Ks. bezieht sich hier auf die Anleihe, die er 1509 von den Reichsständen für den Krieg gegen Venedig verlangt hatte mit der Zusicherung, daß sie mit dem Anschlag des Augsburger Reichstags 1510 verrechnet werden würde. Dadurch hatte er ca. 40 000 fl. erhalten. Vgl. Abschnitt I.13.
4
 Zu den Absichten Ks. Maximilians im Zusammenhang mit der geplanten Schaffung des Reichsrätegremiums vgl. Smend, Reichskammergericht, S. 104.
5
 Über einen entsprechenden Vorschlag des Ks. liegen keine Nachweise vor, doch scheinen sich einige Aussagen der Stände in den Erläuterungen zu ihrem Ordnungsentwurf (Nr. 991 [5.], [6.]) auf jene 44 verordneten Räte zu beziehen.
f
–f D al geferd hindangesetzt.