Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Notwendigkeit von Beratungen der Bundesstädte über eine vorzeitige Verlängerung des Schwäbischen Bundes vor Beginn des Straßburger Reichstags; [2.] Empfehlung zur Entsendung einer gemeinsamen Gesandtschaft Ulms und Nürnbergs zu Gesprächen mit Hg. Ulrich von Württemberg über eine Bundesverlängerung; [3.] Der Hg. als geeigneter Initiator eines solchen Vorhabens; [4.] Bei Ablehnung des Plans durch Ulm Weisung zu alleiniger Reise Nützels zum Hg.; [5.] Auftrag zu vertraulichen Gesprächen mit Hg. Ulrich über einen gemeinsamen Versuch zur Verhinderung der Reichsbelehnung Kf. Ludwigs von der Pfalz auf dem Straßburger Reichstag; [6.] Bemühen um die Gewinnung des hessischen Regiments für dieses Vorhaben.

Nürnberg, [Anfang November 1510]1

Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei A-Laden Akten 126 Nr. 2, fol. 130a-133a, Kop.

Instruction, was Caspar Nutzel in namen und von wegen der eltern des rats zu Nurmberg nachvermelter end handeln und anpringen soll.

[1.] Anfangs soll er sich gen Ulm fuegen und bey dem haubtmann Dr. Mathisen Neithart und seinen mitverwanten, den fünf geheimbden, daselbst nach meldung des dinsts, wie sich nach seiner vorm gepurt, anzeigen dise meinung: Inen sey unverporgen, das sich die zeit des ausgangs der buntseinigung im land zu Schwaben numer teglich nehen. Wa nun gemeine stat Ulm, als man sich vermut, geneigt, solche buntseinigung zu erstrecken, sey aus allerley ursachen und wewegnussen, so die eltern wedenken und sie selbs auch nit schwer haben zu ermessen, not, nütz und fruchtpar, vor zukunft nachstkunftigs reichstags, so zu Straßpurg gehalten werden soll, sich derohalben zu wereden und unterhandlung zu haben, damit sich desselben ends dester geschikter in sachen zu handeln sey.

[2.] Ob nun die von Ulm darzu werden geneigt sein und beim Nützel erkundigung wegern, wie die eltern von solcher handlung haben geredt, ist inen anzuzeigen, der eltern gutwedünken sey, das sie, die von Ulm, neben eines rats zu Nurmberg verordenten ir botschaft schiken zu unserm gn. H. Hg. Ulrichen zu Wirtenberg, des Gn. im bunt nit fur das geringst gelid, auch einen gn. und getreuen buntsverwanten angesehen sey, und daselbst durch bede botschaften der meynung zu handeln: Sie achten fur ungezweifelt, seinen ftl. Gn. sey wewist, aus was grund und verursachung anfangs der bunt im land zu Schwaben furgenumen, das auch weilend der durchleuchtig, hochgeborn F., Hg. Eberhart zu Wirtenwerg loblicher gedechtnus, seiner ftl. Gn. vetter, mit dem ersten und in dem jar, als der bunt sein anfang genomen, sich dareingetan. Des Gn. als ein sonder hochwerumbter, hochverstendiger F. dardurch sonders zweifels den nutz und vorteil und herwiderumb nachteil und schaden, so seinen ftl. Gn. und derselben land und leuten daraus erfolgen mogen, hat wedacht. Es mogen auch die ret beder stett, ire Hh. und freund, kein anders wefinden, dann das der vermelt bunt allen desselben verwanten bis hieher zu sunder nutzperkeit und mer vorteils dan schaden hab gedient. Das mag sein ftl. Gn., darfur sie es achten, dahin verursachen, das dieselb zu lenger erstrekung solcher buntseinigung mog neigung tragen. Deshalb sie auch von iren freunden, den eltern und geheimbsten, sind abgefertigt, sein ftl. Gn. des zu erinnern und dapey zu enteken, das dieselben ire freund aus angezeigten und andern redlichen wewegnussen zu solcher erstrekung auch gewilligt seien, das auch nutz und not sey, sich zu entschliessen und zu ratschlahen, was auf dem kunftigen reichstag derohalben zu handeln und wie sich darin zu halten sey, dann solten die botschaften on vorgeende underhandlung und weratschlahung zu solchem tag kumen, wurde ir handlung, als zu wesorgen, wenig frucht gepern. Wa aber solche underred vorgeen, mocht man sich darin entschliessen, welcher gestalt in angezeigten sachen bey röm. ksl. Mt. zu handeln und derselben furzuhalten sey. Das zeigen die botschaften seinen ftl. Gn. als irem gn. H., zu denen bede stett, ir freund, ein sunder unterdenig vertrauen tragen, unterdeniglich an, mit dem ersuchen, solchs auch genediglich zu wewegen.

[3.] Wirdet nun durch den von Wirtenberg umb eroffnung angehalten, wie Nurmberg und Ulm von solchen sachen bey in, welcher gestalt die furzunemen, geredt sey oder wie sie es selbs fur gut ansehen, mogen die botschaften sagen, sie wissen, das sein ftl. Gn. als ein loblicher F. bey unsern gn. Hh., den Kff. und Ff. des bunds, einer andern weis dann ire freund angesehen seien. Seiner Gn. anregen und handlung mog auch bey denselben Ff. zu sunder frucht und vorteil dienen. Deshalb sie fur gut ansehen, das sein ftl. Gn. an dieselben Ff., als Meinz, Beirn, Hessen etc., lies schreiben und umb erstrekung des bunts anregen. Und des mog sein ftl. Gn. guten gemut und ursachen daraus schopfen, dann sein ftl. Gn. hab nach dem vergangen beirischen krieg an die haubtleut des bunts wegert, an die stend und verwanten des bunts nach seiner ordenung auszuschreiben umb statlich wewegung und weratschlagung, welcher gestalt alle kriegsverwanten bey dem, so sie der Pfalz abgedrungen und im krieg erobert hetten, mochten weleiben. Und dieweil nun solch anregen seiner ftl. Gn. allen buntsstenden wolgefeelig gewest und darauf zu dem nachst darnach gehaltem buntstag zu Ulm am sontag vor Galli des 1505. jars [12.10.05] ein einhelliger weschlus gemacht und in den buntsreceß verleibt,2 wie sein ftl. Gn. des wissen trag, achten sie darfur, das dieses seiner ftl. Gn. anregen bey unsern gn. Hh., den Ff., auch nit weschwerlich und mißfellig wedacht werd. Wa dann dise meinung Wirtenberg gevelt, hat es seinen weg. Ob aber sein Gn. das [ab]leinen oder sich zu tun weschwern wolt, sollen beder stett botschaften allen fleis furwenden, sein ftl. Gn. dahin zu wewegen, wa nit, mussen die botschaften die sachen darauf lassen weruen. Ob aber Wirtenwerg fur gut anseh und bey den botschaften anreget, das dise bede stett neben seinen Gn. auch schreiben solten, das sollen ine die botschaften auch lassen wol gefallen.

[4.] Item wurd dann Ulm solch schiken und handlung auch ableinen mit anzeig diser ursachen, das sie das fur unfruchtpar ansehen, dann ine wurd unzweifenlich die antwort wegegen, so vormaln dem haubtman auch wegegent sey, so soll Caspar Nutzel zu unserm gn. H. von Wirtenberg allein verreiten, solche handlung in namen der von Nurmberg und nit der von Ulm tun.

[5.] Itema ob der haubtman Dr. Neithart zu dem Nützel geordent wirdet, soll Nutzel vor seinem abscheiden wequeme mitel [und] weg furnemen, sich von dem haubtman zu sundern oder sich zu Stuggarten bis auf des haubtmans abreiten zu enthalten und dann nachfolgende handlung bey Wirtenwerg allein tun: Seinen ftl. Gn. sey unverporgen das statlich und flehlich anhalten, so Pfalzgf. Ludwig, Kf., unser gn. H., auf nachstgehaltem reichstag zu Augschpurg, auch davor durch sich selbs und ander von seiner ftl. Gn. wegen bey ksl. Mt. hat getan, im seine regalia ausserhalb der abgedrungen fleken zu leihen [vgl. Abschnitt I.9.2.]. Des auch sein ftl. Gn. pey etwan vil Ff., so dem bunt nit verwant, hohe und dreffenliche furderung gehabt und ir Mt. dahin wewegt haben, das ir ksl. Mt. in zweifel sey gestanden, auch seiner Mt. ret des untrost gehabt haben, ime zu leihen. Sey doch jüngst durch anhalten und handlung seiner Gn. ret dahin gelangt, das solche welehnung bis auf den kunftigen reichstag verschoben sey. Nun versehen sich die eltern, seine Hh. und freund, des genzlich, das die Pfalz auf solchem tag umb die welehnung mit mer furderung und statlicherm anhalten bey ksl. Mt. werd arbeiten und des keinen fleis zu seinem vorteil unterlassen furzuwenden. Es sey auch seinen ftl. Gn. und allen kriegsverwanten an der sachen merklichs und gros gelegen, dann so die ksl. Mt. der Pfalz die welehnung nit tu, mus Pfalzgf. in sorgen steen, das ir ksl. Mt. die sache also vor ir hab, das der ksl. vischkal nach weilant Pfalzgf. Philipsen Ft. clag und zu einem grunt seiner clag dartun werd, das derselb Pfalzgf. Philips seiner Mt. gepoten ungehorscham gewest sey, daruber auch seiner Gn. regalia, so er vom Reich gehabt, als ein ungehorschamer und rebellis verwurkt hab, die nun an mitel dem hl. Reich heimgefallen seien und zusteen etc. Ob nun geleich dem Pfalzgf. dagegen mer dann ein defension und wer mocht vorsteen, sich des vischcals vorhaben aufzuhalten, wer[d] er sich doch aus allerley ursachen und in wedacht künftigs nachteils nit gern in wagnus geben, diser vischkalischen verclagung zu gewarten. Hierumb, wa die kriegsverwanten die ksl. Mt. mochten wewegen, der Pfalz nit zu leihen, der verzig der Pfalz der abgedrungen fleken halb wer dann vorgangen, in maßen sich auch ksl. Mt. gegen den kriegsverwanten hett verpflicht, das wurde denselben verwanten des kriegs zu sunderm großen vorteil dienen und nemlich disen nutz gebern, das sich die Pfalz müst verschreiben, wie der abschid ksl. Mt. und ir verpflichtung zu Coln hat verlaut.3 Daneben auch alspald der ksl. Mt. anzuzeigen und in sie zu pilden, wiewol irer Mt. daran gelegen wer und nemlich mer und hoher dann einichem andern diß kriegs verwanten, das auch seiner Mt. in guter achtung zu haben sey, das sich die des Pfalzgf. anhalten und gute, erpietliche wort nit laß wewegen, dann seiner Mt. unverporgen, mit was ungeschikten reden sich weiland Pfalzgf. Philips und nachmaln Pfalzgf. Ludwig, ytzo reigirender F., diser ergangen sachen und geschichten halb haben vernemen lassen, auf meinung, als ob inen durch ksl. Mt. unrecht weschehen, das sie auch on redlich ursachen, auch nit ordenlich in die acht erkant und deshalb nie echter gewest seien. Und darumb, wa sich die Pfalz laut ksl. donation und weschids zu Coln nit will verzeihen, trag solchs und die vorgemelten reden sovil auf sich, das er gedenk, die abgedrungen fleken von den kriegsverwanten zu bringen. Sein Mt. wiß auch, welcher gestalt sich die alten Pfalzgff. und in sunders Pfalzgf. Friderich [der Siegreiche] gegen seiner Mt. H. und vater, Ks. Friderichen loblicher gedechtnus, hab gehalten, und nemlich, das er seiner ksl. Mt. und dem hl. Reich vil fleken im Elsaß abgedrungen und der eins teils wehalten hab, so lang ir ksl. Mt. die widerumb mit ernst erobert und zu keinem mal widerumb zustellen wollen. Aus dem auch ir ksl. Mt. het abzunemen, was sich aller handlung nach pey der Pfalz zu ersehen und was ytzo in disen sachen zu handeln wer. Und darauf ir Mt. unterdeniglich zu wegegen, sich genediglich zu enthalten, der Pfalz nit zu leihen, so lang, bis der verzug, wie sein ksl. Mt. den kriegsverwanten zugesagt, vorgangen sey.

Ob nun die ksl. Mt. zu solchem ansuchen wurd geneigt sein, als sich auf diß statlich anzeigen zu verhoffen ist, soll die ksl. Mt. ersucht werden, den kriegsverwanten ymand von seiner Mt. lantschaft Tirol zuzeordnen, der solchs, wie ob laut, neben Wirtenberg, Hessen und Nurmberg bey seiner Mt. hulf anregen als von wegen des haus Osterreich, damit solch anregen sovil dester großer und statlicher ansehen hab.

[6.] Und wa sein ftl. Gn. zu solcher handlung neigung hett, sehe die eltern fur nutz und gut an, das sein ftl. Gn. den regenten zu Hessen solchs auch entekt, mit weger, die irn, so sie zu kunftigen reichstag wurden verordnen, dem gemes auch abzuvertigen etc. [...]

Anmerkungen

1
 Das Datum ergibt sich aus Nr. 743.
2
 Heil, Reichstagsakten 8, Nr. 851.
a
 Am Rand neben diesem Absatz: Nota dem Nutzel ist wefolhen, das er dem haubtman hierin auch verdrauen moge.
3
 Über diesen „Abschied“ Kg. Maximilians auf dem Reichstag 1505 liegt kein Nachweis vor.