Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Belastung der Untertanen von Gff. und Fhh. durch mißbräuchlichen Einsatz der geistlichen Gerichtsbarkeit; [2.] Auftrag der Augsburger Regimentsordnung von 1500 an das Reichsregiment zur Klärung entsprechender Konflikte; [3.] Infolge Außerkraftsetzung der Regimentsordnung Bitte an den Ks. um Auftrag an das Reichskammergericht oder die Reichskreise, sich um die Mißbräuche im Zusammenhang mit den geistlichen Gerichten zu kümmern.

[Köln, Mitte Juli – Mitte September 1512]

Meiningen, StA, GHA, Sektion II Nr. 11, fol. 5a-8a, korr. Kop.

[1.] Allerdurch[leuch]tigster, großmechtigster Ks., allergnst. H., nachdem euer ksl. Mt. mit den stenden des hl. Reichs itzo alhie in loblicher, trefflicher, emsiger handlung steen, guter ordenung, friden und recht im hl. Reich zu bessern, erhalten und handhaben, und wir von etlicher Gff. und Fhh. wegen alhie verordent, darumb uns, derselbigen notturft zu bedenken und anzubringen, gepuret, so wir dan wissen, das vil[er] Gff. und Fhh. im hl. Reich unte[r]tanen durch merkliche mißbrauchung der geistlichen gericht wider Got und recht ganz erbermtlich und fast beswerlich verletzt, beschedigt und verderbt werden aund ye zu zeiten domit zu abruch und schmelerung euer Mt. oberkeit, weltlichen gerichtperkeit und freyheit gehandelt wirt, auch soliche mißbreuche und beschwerung in so vilfeltiger, unzeliger und mancherley weis gescheen, das fast lang davon zu schreiben und zu sagen were, darumb wir solchs hirinen umb weniger belestigung willen euer ksl. Mt. vermeyden.

[2.] Diweil aber–a auf dem reichstag zu Augsberg, der vor dem jüngsten reichstag doselbst gehalten worden, neben aufrichtung anderer ordenung deshalben ein sünderer artikel gesatzt ist, welicher artikel unter der zehenden rubriken noch der cammergerichtsordenung, domals zu Augsburg gemacht, funden wirt, von worten zu worten also lautend: „Nachdem auch hievor zu gehalten reichstagen von etlichen weltlichen stenden der geistlichen gericht halben ordenung gescheen ist, sollen sich die geistlichen und weltlichen, so des mit- oder gegeneinander vermainen zu tun haben, untersteen, mitainander gütlich zu vertragen. Mochten sie sich aber gütlich nicht ainigen, so soll unser verordent reichsregiment auf einichs teyl clag oder anrufen noch zimlickait zu handen furnemen.“,1 us obgemeltem artikel euer ksl. Mt. wol zu ermessen haben, das nit allein Gff. und Fhh., sunder auch on zweifel ander stende mere vormals oft von mißbrauchung wegen der geistlichen gericht beswerung getragen und onpracht haben. Darumb, ob angezeigter artikel zu Augsberg nit on nötig ursach darauf gesatzt worden ist, wo sich die geistlichen und weltlichen solicher geistlichen gericht halben irten und gütlich nit vertragen konnten, das dan das furgenomen regiment, so dona[c]h durch euer Mt. und die stende verordent warde, auf einichs teyls clag oder anrufen nach zimlickait darinnen handeln solten.

[3.] Diweil aber soliche ordenu[n]g des gedachten regiments, darauf gemelter entschid der geistlichen gericht halb, als obstet, gestelt gewest, seinthere gefallen und nit mere in gebrauch und doch itzo nichts weniger dan vormals darinnen zimlichs entschids grosse not ist und wirt und teglich zu schulden kumet, auch an vil orten grosser, merklicher irtumb daraus volget und durch die mechtigen weltlichen stende mit solicher clag darumb geruet werden mag, das sie sich vor beswernus solicher mißbrauchten geistlichen gericht selbst hanthaben konnen und doch Gff. und Fhh. an solicher beswernus merklich und gros gelegen ist, domit dan Gff. und Fhh. untertan nit also unschuldiglichen beschedigt, beschwert und verderbt und Gff. und Fhh. euer ksl. Mt. neben andern stenden dester statlicher gedienen mogen und sunsten vielfeltig schedliche irrung, so daraus volgen, verkomen werden mogen und darinnen kein billiger hilf dan allein bey euer ksl. Mt. als unserm rechten und allergnst. H. zu suchen wissen, so ist unser untertenig bitt, euer ksl. Mt. wol darinnen als der brun der gerechtigkait gn. versehung tun und deshalben neben andern ordenungen, so alhie aufgericht und beschlossen werden, euer ksl. Mt. cammergericht bevelhe tun oder aber in den gezirken des hl. Reichs etlich sundere gleichmessige geistliche und weltliche person verorden, die gemelte irrung gegenwertiglich und zukünftig, so oft des not ist und wirt, zimlich und entlich entscheiden mogen. Wan sovil an den geistlichen gerichten derselben rechten aygenschaft und ordenu[n]g gemes gehandelt, were unser wil oder meynung nit, das demselben eynicherley verhinderung oder minderung gescheen solte, sonder allein, das die obgemelten schedlichen, beswerlichen und verdürblichen mißbreuche an den geistlichen gerichten verkomen werden mochten, ungezweifelter hoffnung, euer Mt. werden sich darinnen als allergnst. und gerechtester Ks. genediglich erweisen. Das wollen wir mitsampt andern Gff. und Fhh., die solichs auch berürt, in aller untertenigkait und schuldiger gehorsam umb euer ksl. Mt. zu verdienen geflissen sein. Euer ksl. Mt. untertenige gehorsame, so von wegen etlicher ander Gff. und Fhh. alhie zu andern stenden des Reichs verordent sind.

Anmerkungen

a
–a Korrigiert aus: auch darinnen kein hilf, dan allein bey euer ksl. Mt. als unserm rechten und allergnst. H. wissen. Dieweil dan auch.
1
 Abschied des Reichstags 1500. Druck: Schmauss/Senckenberg, Sammlung, S. 80f. Art. XXXI.