Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Bereitschaft zur Beilegung akuter Konflikte im Reich; [2.] Notwendigkeit ständischer Mithilfe bei der Wahrung von Friede und Recht; [3.] Unzulänglichkeit des Kölner Anschlags von 1505 für eine effektive Hilfe gegen Venedig, Gefahr der Diskreditierung von Ks. und Reich bei auswärtigen Mächten; [4.] Wunsch nach einer einjährigen Reichshilfe in Höhe des Konstanzer Anschlags von 1507, Recht der Stände auf Heranziehung ihrer Untertanen zur Hilfeleistung; [5.] Zustimmung zu einer Reform der Wormser Ordnung von 1495; [6.] Deren positive Wirkungen; [7.] Plan eines Anschlags über 50 000 Mann..

[Augsburg], 8. April 1510

Kop.: A) Bamberg, StA, Hst. Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 6, fol. 229b-232b (Überschrift: Ksl. Mt. weyter furhalten); B) Dresden, HStA, GR, Loc. 10180/24, fol. 36a-40a (Vermerk fol. 35b: Montags nach quasimodogeniti in der capitelstuben Ao. 1510 [8.4.10]); C) Karlsruhe, GLA, Abt. 50 Nr. 8, fol. 29a-32b; D) Würzburg, StA, Würzburger RTA 5, fol. 211b-217a (Überschrift: Actum montag post quasimodogeniti Ao. etc. im zehenden); Duisburg, LandesA, Jülich-Berg I Nr. 201, fol. 14a-17a (Überschrift: Montags naich quasimodogeniti in der meinzischen canzly gelesen); Frankfurt, IfStG, RTA Bd. 27, fol. 61a-65a (Überschrift: Uf montag nach quasimodogeniti); Lübeck, A. der Hansestadt, ASA, RTA vol. II Fasz. 5, fol. 27b-33a; München, HStA, KÄA 3138, fol. 3b-7b (Überschrift: Actum sambstags vor quasimodogeniti [6.4.10]); Ebd., fol. 49a-52a (am Schluß des Stückes: Actum montags nach quasimodogeniti Ao. xmo); Ebd., Gemeiners Nachlaß 28, fol. 85a-87a (Überschrift: Ksl. Mt. wegern auf der stand erpieten am montag nach quasimodogeniti); Ebd., Hst. Freising Kasten blau 221/6 Fasz. Reichstag 1510, pag. 41-47 (Überschrift: Montags nach quasimodogeniti); Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei A-Laden Akten 126 Nr. 2, fol. 98a-100b (Überschrift wie im Münchener Exemplar, Hst. Freising; von der Hand des Nürnberger Gesandten Kaspar Nützel); Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 57, fol. 94a (Überschrift wie im Nürnberger Exemplar; bricht in [1.] nach Erstlich, das sein ksl. Mt. ab); Wien, HHStA, RK, RTA 1, fol. 194b-199b (Überschrift: Actum montags nach quasimodogeniti).

Druck: Janssen, Frankfurts Reichscorrespondenz, Nr. 1010.

[1.] Als die stende des hl. röm. Reichs auf der röm. ksl. Mt. letzte antwort und begern, so ir ksl. Mt. an sie getan hat, an gestern, des 6. tags des monats Aprilis, ein antwort [Nr. 107] ubergeben haben, die sich lendet auf drey artikel, erstlich, das sein ksl. Mt. ernstlich verfugen woll, die irrung und spen, so itzt im hl. Reich sein, daraus aufrur und emborung entsteen mochten, hinzulegen, zum andern, das frid und recht gehalten werd, und zum dritten, das die stend irer ksl. Mt. zusagen die hielf zu Coln ein ganz jar lang und dabey anzeigen, das sie irer unvermoglikeyt halben hohers und weyters nit vermogen, darauf gibt ir ksl. Mt. inen diese meynung zu erkennen:

Und nemlich auf den ersten artikl, das sein ksl. Mt. willig sey, nach der stende rate und hielf darein zu sehen und zu handeln, domit irrungen und speen im hl. Reich hingelegt und nach aller pilligkeyt vertragen oder zu gütlichem oder rechtlichem austrag komen, wie solichs das recht und die ordenung des Reichs vermogen, und in allen sachen dermassen ordenen und furnemen, wie das seiner ksl. Mt. als röm. Ks. und obristen haupt wol gebürt und zusteht, damit aufrur und emborung im hl. Reich verhüt werden.

[2.] Dann auf den andern artikel berürend frid und recht, ist den stenden ungezweyfelt gut wissen, das ir ksl. Mt. alwegen nach irem hochsten vermogen dorin gehandelt hat und ist des noch also willig, mit rate der stende darein zu sehen, domit recht und frid gehalten und volzogen werde. Aber solichs sey seiner ksl. Mt. nit moglich zu unterhalten on der stende hielf, rat und beystand, dan frid und recht wollen execution und hanthabung haben. Darauf dan vil costens gescheen muß, den sein ksl. Mt. aus den vergangen und diesen gegenwertigen kriegsleufen allein nit ertragen mogen.

[3.] Und auf den dritten artikel, hat sein ksl. Mt. den colnischen anschlag uberschlagen und befindt, das sich derselb anschlag, so man für grosa achtet, nit uber 1000 zu roß und 3000 zu fuß laufen. Des sein ksl. Mt. nit unpillich hoch erschrocken ist, dann es seiner ksl. Mt. zimlich begern, auch den grossen, sweren sachen und gescheften, so dem hl. Reich obligen, ganz ungemess, unfruchtbar und unerschießlich sein. Und will sein ksl. Mt. bedünken, das die stende gar wenig betrachten, was nutz, ere, wolfart und aufnemen dem hl. Reich und gemeiner teutschen nacion aus solchem loblichem furnemen in ewig zeit komen moge. Und ist wol zu bedenken, nachdem vil potschaften und ander kuntschafter, die allein auf solich sachen aufsehen haben, hie auf diesem gegenwertigen reichstag sein, wo dann solich hielf erschellen solt, das die seiner ksl. Mt. und dem hl. Reich mere zu spot und nachteyl dan zu nutz komen mocht. Darzu mocht geacht werden, als ob das Reich aus unvermogen ein jar lang nit uber 1000 zu roß und 3000 zu fuß unterhalten konnt. Darumb das hl. Reich und gemeine teutsche nacion in konftig zeit von frembden nacionen oder sonst dest leichter angefochten werden mag. Und halt sein ksl. Mt. wol dafür, das vil under des Reichs stenden sein, wo aus widerwertigkeyt oder sonst einem oder mere krig zustünden, das Gott verhüten woll, die ein solhe oder mere summa, dann der ganz anschlag ist, vermogen müsten. Das zeigt ksl. Mt. den stenden also gn., guter meynung an, dan irer ksl. Mt. hochste begirde ist, zu helfen, das Reich wider in aufnemen zu bringen, domit der last, so bishere teutscher nacion gelegen ist, auf ander nacionen gewendt, auch frid und recht, als oft auf den vergangen reichstegen davon geredt ist, gehalten und aufrur und emborung im Reich verhüt werden, also das sich yderman gleichs und geburlichs rechten und der pilligkeit benugen solt und müst lassen.

Und darumb so will ir ksl. Mt. den stenden des Reichs genzlich ir herz, willen und gemüt eroffen, in hoffnung, dieselben stende werden solichs seiner Mt., dem hl. Reich, teutscher nacion, auch gemeiner cristenheyt und ine selbs zu gut diese nachvolgende meynung helfen raten und volbringen, dann sie wissen, was ein röm. Ks. auf heutigen tag vom Reich hat, das sich nit mert, sonder myndert. Wo aber die gemelten stende mitsampt seiner ksl. Mt. hirin nit hielf, rat und fursehen tun wolten, so will sich doch sein ksl. Mt. hiemit gegen Gott und der welt protestirt haben, das an ir Mt. nichts erwunden sey.

[4.] Und acht sein ksl. Mt., wo also die nachvolgend meynung mocht erlangt und furgenomen werden, das dardurch das Reich on mittl in aufnemen gebracht, frid und recht gehalten und dem also zu reden in ewig zeit geholfen würde, nemlich, das die stende zu diesem loblichem furnemen, domit ksl. Mt. das ir erobert, sich einer treffenlichen hilf und doch nit sonder beswerlich entsliessen, zu wissen die hielf zu Costenz auf ein jar oder ein andere tapfere hielf irem rate und gutbedunken nach, die seiner ksl. Mt. erschießlichen sey. Das mag auch nit allein auf des Reichs stende, sonder auch ire untertan, die in solcher guter handlung billich mitleyden tragen, geschlagen werden, dadurch die land gewunen und behalten, bis die zu merer teyl von irem selbs einkomen unterhalten würden.

[5.] Und zu einem nachdruck, auch domit die gemelten lande bey dem hl. Reich behalten und frid und recht gehanthabt werde, ist not einer andern fursehung. Und nemlich so mag ksl. Mt. wol leyden und will gern sehen, das die ordenung, so vormals zu Wormbs 1 und hie auf dem reichstag 2 beschlossen gewesen sein, furgenomen werde, und wes sein ksl. Mt. oder die stende dorin mangel und beswerung hetten, davon zu reden und von guter ordenung und hanthabung derselben, auch frides und rechts und der hielf ad conservacionem und defensionem des hl. Reichs und nit ad offensionem zu handeln. Dorin dann an irer ksl. Mt. nichts erwinden soll.

[6.] Und solich ordnung würdet ksl. Mt. und teutscher nacion in vil wege nützlichen, gut und dinstlich sein: Erstlich, das die ungehorsamen im Reich zu gehorsam bracht werden, zum andern, das sich yderman der pilligkeyt und gleichs, zimlichs rechten benugen müß lassen, zum dritten, ob ymand das hl. Reich mit anfechtung und offnen krieg ansuchen würde, das demselben großlicherb widerstand dardurch getan mag werden, zum vierden, wo ymand durch gewalt vom Reich abgedrungen understanden würd, das dieselben durch solich hielf dobey pleyben und behalten werden, zum funften, ob sich ymands durch bose practica, des sich doch ksl. Mt. zu nymands versicht, vom Reich in ander verstentnus tun wolt, das solichs dardurch gewendt würde, zum sechsten, was zu dem Reich gehort und in konftig zeyt darzu erobert wird, das solichs dabey gehandhabt werde, und zum letzten, das alle unordenung und ungehorsam im hl. Reich abgetan und nymands, were der were, von frembden nacionen und andern gedenken dorft, wider das Reich zu handeln, und würde domit das aufnemen desselbigen Reichs sich von tag zu tag meren.

[7.] Wo aber ymand bedeucht, die hilfen und ordnungen, so auf den vorigen reichstegen furgenomen sein, beswerlichen zu sein, villeicht aus ursachen, das sich ein yder besorgt, sich domit in ein gewonheyt einer ewigen servitut zu begeben, so gibt ksl. Mt. diese nachvolgende maynung an, die doch nymands beswerlichen sein mag und allein ad conservandum et defendendum des hl. Reichs und nicht ad offendendum furgenomen werde, wie obsteht: Nemlich, das ein anslag im ganzen Reich gemacht werde auf 40 000 zu fuß und 10 000 zu pferden für die grost und meyst hielf oder ein ander harrige hielf, der gemeß, wie sie selbs not und gut zu solchem furnemen bedünkt. Die mag einem yden nach seinem vermogen ungeverlich angeschlagen werden, was es im zu seinem teyl betrifft, von den 50 000 bis in 1000, wie durch die ksl. Mt. und des Reichs ordenung erkennt mog werden zu notturft der sachen. Darein will ksl. Mt. das haus Osterreich undc sovil vom hl. Reich herrürt, auch ziehen lassen und sollen doneben die andern seiner ksl. Mt. land, so vom Reich nit hererüren, auch nit mynder tun. Domit so bedorf nymands kein pfennig geben, dann allein, so man zu notturft des hl. Reichs aufbeut, das ein yder anziehe mit seiner anzal, als lang das die notturft erfordert und einem yden aufgelegt würd. So mag auch yder F., prelat, Gf. oder statt den anschlag under den seinen austeyln, dardurch die pürd gleich getragen werde. Und solichs alles ist moglich und on grossen schaden zu tun. Und wo des Reichs widerwertigen von einer solchen einigkeyt und hielf zwischen ksl. Mt. und dem Reich versteen, werden sie on zweyfl das Reich unangefochten lassen und die ungehorsamen mere mit brifen dan yzo mit der tat zu gehorsam gebracht, und mag darzu mit der zeit etwas trostlichs mit hielf Gotts dardurch wider die unglaubwigen furgenomen werden.

Anmerkungen

a
 B-D gewiß.
1
 Reichstag 1495.
2
 In Augsburg 1500.
b
 B-D trostlicher.
c
 B-D folgt: Burgundi.