Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Rechtfertigung für die Unterlassung von Hilfsbitten an Ks. und Reich nach dem Scheitern des Tages von Breslau, Absicht zur Teilnahme am Wormser Reichstag; [2.] Absicht zur Teilnahme an einem Tag zu Posen, Informierung möglicher Unterstützer.

Berlin, GStA, OBA, Nr. 19255, fol. 1–3’ (undat. Kop.).

Druck: Liv-, Est- und Kurländisches Urkundenbuch II/3, Nr. 528, S. 375f.

[1.] Der Hochmeister hatte sich während seines Aufenthalts in Sachsen mit dem Rat seiner Brüder [Hgg. Georg und Heinrich von Sachsen] unablässig darum bemüht und auch erwartet, dass auf dem vom Ks. für den 2. April (vorgangen vasten)ausgeschriebenen Tag zu Breslau1gütliche Verhandlungen über die Angelegenheiten des Ordens stattfinden. Warum der Tag nicht zustande kam, hat der Hochmeister ihm schon früher eröffnet. Er wollte den Ks., die Kff. und Ff. oder auch den Adel bislang nicht um Hilfe bitten, da der Ks. selbst in schweren Kämpfen gegen Venedig und den Hg. von Geldern [Karl von Egmond] stand, wofür er die Reichsstände in Anspruch nahm. Auch führte der Ks. Verhandlungen mit Kg. [Wladislaw] von Ungarn, die durch ein solches Ersuchen möglicherweise gefährdet worden wären. Zudem ging der Hochmeister davon aus, mit dem Ks. auf dem nach Worms ausgeschriebenen Reichstag zusammenzutreffen. Der Reichstag wurde jedoch wegen wichtiger Angelegenheiten des Ks. mehrmals verschoben: Dieser führte Verhandlungen über ein Bündnis mit den Kgg. von Frankreich, England und Ungarn sowie mit Hg. Karl von Burgund. Wie dem Hochmeister berichtet wurde, wurde das Bündnis inzwischen zum Zweck der gegenseitigen Hilfe gegen jedwede Feinde geschlossen. Man erwartet deshalb, dass der Reichstag, wie vom Ks. ausgeschrieben [Nr. 50], zur bevorstehenden Fastenzeit stattfinden wird. Der Hochmeister wird daran teilnehmen.

[2.] Dieser hat außerdem vor kurzem erfahren, dass der polnische Kg. einen Frieden mit dem Großfürsten [Wassili] von Moskau geschlossen hat2, ohne gemäß dem bestehenden Bündnis3den Ordensmeister [Wolter von Plettenberg] mit einzuschließen. Außerdem soll er beabsichtigen, ihn für den 18. März (mitfasten)zu einem Tag nach Posen (Pozenau)zu laden.4Der Hochmeister hat beschlossen, ebenfalls Gesandte zum Kg. zu schicken, wenn er dazu aufgefordert wird. Gleiches wird sein Bruder Hg. Georg von Sachsen tun. Falls ihm unter akzeptablen Bedingungen gütliche Verhandlungen angeboten werden, wird er diese nicht abschlagen. Der Hochmeister erwartet auch, dass sich der ungarische Kg. einschalten wird. Für alle Fälle hat er Gesandte zum Ks., zu Kff. und Ff. und auch an den Adel ausgesandt5sowie dem Ordensprotektor in Rom geschrieben.6Über deren Reaktionen wird der Hochmeister den Ordensmeister informieren. Versichert Plettenberg, dass er gegenüber dem Ks. auch seine Angelegenheiten vorbringen wird. [...].7

Anmerkungen

1
 Der für den 2.4.1508 anberaumte Schiedstag zu Breslau war von Maximilian I. mit dem ungarischen Gesandten Bf. Johann Filipec von (Groß-)Wardein vereinbart worden, um die Streitigkeiten zwischen dem Deutschen Orden und Polen beizulegen. Vgl. Liv-, Est- und Kurländisches Urkundenbuch II/3, Nrr. 287, 303f., 330f., 342; Toeppen, Acten V, Nr. 192; Voigt, Geschichte IX, S. 342, 345f., 350–352; Sach, Hochmeister, S. 57f.; Brandl, Maximilian, S. 58f.; Skriwan, Kaiser, S. 188–192; Mur, Ostpolitik, S. 48f.; Matison, Politik, S. 393–404.
2
 Der Friedensvertrag mit Moskau datiert vom 8.10.1508. Im Januar 1509 war er von polnisch-litauischer Seite ratifiziert worden (Lenz, Politik, S. 68; Sach, Hochmeister, S. 123f., 153; Kentmann, Livland, S. 52f.).
3
 Bündnisvertrag zwischen Großfürst Alexander von Litauen, zugleich Kg. von Polen, und dem Deutschorden in Livland vom 15./21.6.1501 (lat. Druck: Lenz, Politik, S. 89–94; Liv-, Est- und Kurländisches Urkundenbuch II/2, Nr. 127, S. 81–83). Vgl. Kentmann, Livland, S. 20–22.
4
 Der Großkomtur Simon von Drahe meldete Plettenberg am 1.4., dass Kg. Sigismund für den 24.6. einen Tag nach Posen zu Verhandlungen mit dem Reich und dem Deutschen Orden anberaumt habe, er aber nicht wisse, ob der Termin Bestand habe und ob Ks. und Reich eine Gesandtschaft dorthin abordnen würden (Kop. [Königsberg], suntags palmarum, GStA Berlin, Ordensfoliant Nr. 29, pag. 118. Druck: Liv-, Est- und Kurländisches Urkundenbuch II/3, Nr. 588, S. 433f.).
5
 Kredenzbriefe HM Friedrichs von Sachsen für den Spittler zu Königsberg, Georg Truchseß, waren adressiert an Mgf. Friedrich von Brandenburg, die Bff. von Bamberg und Würzburg, den Komtur zu Virnsberg, Burkhard von Seckendorff, den Hg. von Württemberg, die Pfgff. bei Rhein, Hg. Albrecht [! richtig: Wilhelm] von Bayern, sowie die in Rothenburg/Tauber und Ansbach versammelten fränkischen Gff., Hh. und Ritter (dienstag am tag Dorothee[6.2.]1509; GStA Berlin, Ordensfoliant Nr. 26, pag. 157). Vgl. Matison, Politik, S. 434 Anm. 1.
6
 Schreiben HM Friedrichs von Sachsen an Kardinal Raffaele Riario, Rochlitz, 20.1.1509 (lat. Kop.; GStA Berlin, Ordensfoliant Nr. 26, pag. 153–154. Druck: Liv-, Est- und Kurländisches Urkundenbuch II/3, Nr. 525, S. 373f.).
7
 Eltz hielt den Vortrag Ende Februar/Anfang März in Königsberg vor den preußischen Regenten Bf. Günther von Samland, Simon von Drahe und Gf. Wilhelm von Isenburg (Deren Bericht vom 2.3.1509 an Wolter von Plettenberg; Kop., freitags nach dem sontag invocavit; GStA Berlin, Ordensfoliant Nr. 29, pag. 177–179. Druck: Liv-, Est- und Kurländisches Urkundenbuch II/3, Nr. 560, S. 399–401).