Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil
Nr. 301 Achtverkündung Ks. Maximilians (eigentlich: Reichskammergericht) gegen den Dogen von Venedig, Leonardo Loredan – Worms, 13. Juni 1509
Wien, HHStA, AUR 1509 VI 13 (lat. Mundum m. Siegelrest) = Textvorlage A.
Teilabdruck/Teilregest: Seiler, Endurthail I, S. 40; Ders./Barth, Urtheil I, S. 252.
Das ksl. Kammergericht hat im Verfahren zwischen Johannes d. Ä. und Johannes d. J. von der Leiter (de Scala), den Generalvikaren der zum Reich gehörigen Städte Verona und Vicenza, und dem Dogen von Venedig, Leonardo Loredan, als Beklagtem den Hh. von der Leiter bereits vor Jahren das Besitzrecht an den beiden Städten zugesprochen und den Dogen zu deren Rückgabe einschließlich aller zugehörigen Rechte und Besitzungen sowie der Aushändigung aller vorenthaltenen Einkünfte verurteilt. Auf Antrag der Kläger erging – unter Androhung einer Strafe von 10 000 Mark lötigen Goldes – ein Mandat an den Dogen, den Klägern bzw. deren Vertretern binnen zwei Monaten nach dessen Zustellung die zugesprochenen Besitzungen auszuliefern oder am ksl. Kammergericht zu rechtfertigen, warum er zum Gehorsam gegen das Mandat nicht verpflichtet ist. Das Mandat wurde am 19. Januar 1508 durch den ksl. Kammerrichter Bf. Wiguläus von Passau in Regensburg ausgefertigt und durch den Prokurator der Kläger, Dr. Georg Ortolf, dem Dogen persönlich zugestellt. Da der Doge dem Exekutorialmandat nicht Folge leistete, verfiel er den darin angedrohten Strafen und das ksl. Kammergericht sprach folgendes Urteil:
In der Sache zwischen Johannes d. Ä. und Johannes d. J. von der Leiter als Klägern und dem Dogen von Venedig, Leonardo Loredan, als Beklagtem missachtete Letzterer das gerichtliche Mandat und erwies sich somit als ungehorsam. Sie stellen fest, dass deshalb die darin angedrohte Strafe von 10 000 Mark lötigen Goldes fällig wurde. Dem Dogen wird außerdem bei fortgesetztem Ungehorsam die Reichsacht angedroht. Er hat innerhalb der genannten Frist persönlich oder durch seinen Rechtsvertreter am Gericht vorstellig zu werden.
Doch leistete der Doge auch diesem Mandat keine Folge. Am 26. Januar beantragte daraufhin Dr. Peter Kirsser als Vertreter der Kläger vor Gericht, dass die angedrohten Strafen im obigen dem Dogen am 10. Oktober 1508 zugestellten Exekutorialmandat wegen erwiesenen Ungehorsams in Kraft treten sollten. Infolgedessen wurde dieser in die ksl. und Reichsacht erklärt. [Wiedergabe des Beginns der Achterklärung].
Diese Erklärung wurde im Kammergericht durch den stellvertretenden Kammerrichter Gf. Adam von Beichlingen verlesen und der Doge in die Acht erklärt, vom Reichsfrieden ausgeschlossen und seine Person und sein Besitz jedermanns Zugriff freigestellt.
Nr. 302 Achtmandat Ks. Maximilians (eigentlich: Reichskammergericht) gegen den Dogen von Venedig, Leonardo Loredan – Worms, 13. Juni 1509
Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 491, fol. 291’–294’ (spätere dt. Kop., um 1530; Nachweis über Unterz. Ambrosius Dietrich, Protonotar am RKG) = Textvorlage A.1
Lat. Druck: Lünig, Reichs-Archiv VI (Part. Spec. Cont. I, Kaiser), Nr. LIX, S. 134–136 = B; Ders., Codex Italiae II, Nr. XXVII, Sp. 1995–2000; Goldast, Collectio II, S. 117–119; Schoppe, Scaliger, pag. 396’–399.
Erklärt gegenüber allen Reichsangehörigen, dass es das höchste irdische Gut ist, a–die Gerechtigkeit zu pflegen, seinem Nächsten nicht zu schaden und jedem das Seine zuteil werden zu lassen–a. Umgekehrt gefährdet nichts mehr den gemeinen Nutzen als die Aneignung fremden Besitzes unter Missachtung der gerichtlichen Obrigkeit und ihrer Gebote. Daraus entstehen Zwietracht und Krieg im Hl. Reich, was, wenn dem nicht rechtzeitig vorgebeugt wird, schließlich zu dessen Zerstörung führt.
Er, der Ks., und seine Amtsvorgänger haben die vom Reich lehnbaren Städte Verona (Bern)und Vicenza (Vinzenz)an die Vikare Johann d. Ä. und Johann d. J. von der Leiter bzw. an deren Vorfahren verliehen. Diese beiden Städte wurden allerdings von einem Vorgänger [Michele Steno] des jetzigen Dogen [Leonardo Loredan] widerrechtlich und gewaltsam eingenommen. Loredan hält sie weiterhin besetzt, dies unter Missachtung eines kammergerichtlichen Urteils, wonach die beiden Städte mit allem Zubehör den Reichsvikaren zurückgegeben werden müssen. Ebenso ignorierte er zwei ksl. Vorladungen. Die zweite, dem Dogen [am 10. Oktober 1508] persönlich zugestellte Zitation drohte ihm bei weiterem Ungehorsam die Reichsacht an. Er wurde nach dessen Feststellung in einem ordentlichen Verfahren öffentlich in die Acht erklärt, wie dies die ausgegangenen ksl. Urteilsbriefe [Nr. 301] besagen.2
Erklärt den Dogen in Vollstreckung des Urteils gegenüber allen Reichsangehörigen zum Reichsächter und gebietet, ihn als solchen zu behandeln, ihn nicht zu dulden, zu beherbergen oder zu verpflegen noch sonst mit ihm zu verkehren und dies auch nicht zu erlauben, sondern gegen dessen Person und seinen Besitz vorzugehen. Insbesondere sollen sie dies den Klägern und ihren Helfern gestatten und sie auf deren Bitte dabei auch unterstützen, bis der Ächter von seinem Ungehorsam absteht und aus der Acht gelöst wird. Erklärt jegliches Vorgehen gegen die Ächter für rechtmäßig und nicht ahndungsfähig. Davor schützen auch weder ksl. und kgl. Freiheiten, Privilegien und Rechte noch der ksl. Landfrieden, Burgfrieden, Bündnisse oder Einungen. Wer die Achterklärung missachtet, verfällt selbst der Reichsacht und der schweren Ungnade von Ks. und Reich.3