Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
[1.] Ankündigung einer Antwort der Eidgenossen an die Reichsgesandtschaft; [2.] Antwort der Eidgenossen am 13. Mai: Geltendmachung und Rechtfertigung des Bündnisses mit Frankreich, [2.1.] Bekundung ihrer Reichstreue, [2.2.] Wiedergabe ihrer Antwort an die kgl. Gesandten: Abberufung der eidgenössischen Knechte aus dem frz. Italienheer, Mitwirkung am Romzug Kg. Maximilians, Ablehnung einer Einung mit dem Haus Österreich, [2.3.] Hinweis auf den Vortrag einer frz. Gesandtschaft an die Tagsatzung in Baden mit Zurückweisung der Vorwürfe Kg. Maximilians hinsichtlich Kaiserwürde und Papsttum; [3.] Unterredung der Reichsgesandtschaft mit den kgl. Gesandten; [4.] Einladung an die Eidgenossen zur Beschickung des Konstanzer RT; [5.] Vortrag einer frz. Gesandtschaft auf dem eidgenössischen Tag: Ankündigung eines frz. Angriffes auf Bologna auf Bitten Papst Julius’ und Bitte um Aushändigung von Unterlagen über die Verhandlungen zwischen Eidgenossen, kgl. und Reichsgesandten. Zurückweisung dieser Bitte durch die eidgenössischen Gesandten; [6.] Mitglieder der Reichsgesandtschaft.
Act. Konstanz, nach dem 13. Mai 1507.1
Wien, HHStA, MEA RTA 3a, fol. 422–425’ (Kop., Aufschr. wie Nr. 216, Überschr.: Antwort der Eydgenossen uf die werbung der gesanten potschaften.) = Textvorlage A. Würzburg, StA, WRTA 5, fol. 13’-15’ (Kop., Überschr.: Der Schweizer antwort.) = B.
[1.] /422/ Auf gescheene werbung inhalt obgeschribner instruction [Nr. 216] ist von den Eydgenossen, zu Schaffhausen versamelt, erstlich zu antwort gefallen, sie hetten gehort und vernomen das gn. zuentpieten irer gnst. und gn. Hh. Kff., Ff. und stend des Hl. Reichs mit etlicher erzelung und beschließlicher beger, die iren, so bey kgl. wirde zu Frankreich weren, aus erzelten ursachen abzufordern und auch röm. kgl. Mt., irem allergnst. H., trostlich und richtlich antwort zu geben, wie dann solichs nach der lenge erzelt worden. Dieweil dann dieser tag angesatzt were, mit röm. kgl. Mt. reten der sachen halben zu handeln, die sie auch ytzo beschieden hetten, wolten sie inen gemeyner Eydgenosschaft antwort geben, und dermassen, das sie hofften, kgl. Mt. solt der nit ungefallen, sonder gn. wolgefallen entpfaen. So dann solichs gescheen were, wolten sie uns, den verordenten reten, uf gemeltes unser anpringen auch antwort geben, des sie hofften, fug und ere zu haben. Beten uns, daruf keinen verdrieß zu entpfahen, dann sie die sachen ufs furderlichst furnemen wolten.
[2.] Uf unsers Herrn uffarts tag [13.5.] haben uns die Eydgnossen nachvolgende antwort geben: Erstlichen sagen sie /422’/ iren gnst. und gn. Hh. Kff., Ff. und stenden des Hl. Reichs ires gn. zuentpietens und geneigten willens untertenigen und hohen dank. Und uf die erzelung, wes von dem allercristenlichsten Kg. von Frankreich mit zutun der iren gehandelt, auch furter zu handlen in furnemen stee, wolten sie uns nit verpergen, welichermas sie zu diesen dingen komen. Es were nit on, durch ire eltern were vor vil jaren und erstlich bey Kg. Ludwigen zeiten ein eynigung zwuschen gemeltem Kg. von Frankreich, synen nachkomen, inen, den Eydgenossen, und iren nachkomen uf etlich zeit gemacht worden2, die auch durch den allerdurchleuchtigisten iren allergnst. H. Ks., Friderichen, hochloblicher gedechtnus, auch etlich Kff. und Ff. des Hl. Reichs zugelassen worden were.3 Das auch dieselbe dem Hl. Reich, teutzscher nacion und gemeiner Eydgenosschaft besonderlich im burgundischen krieg hoch und merklich ersprossen, das hett meniglich gut wissen. Aber dannost, so weren in solicher eynigung ußgenomen der hl. stul zu Rome, das Hl. Reich und alle die, mit den sie vor in buntnus stunden. Also hett der Kg. von Frankreich sie in craft gemelter eynigung erfordert, ime etlich volk umb sold volgen zu lassen. Das hetten sie, als die es zu tun schuldig gewest, gewilliget. /423/ Und wo sie das nit getan, so were inen solichs nit alleyn bey welischer zungen, sonder auch bey meniglich nachredlich gewest.
[2.1.] Das aber die iren zuwider dem Hl. Reich gepraucht worden, des hetten sie sich gar nit versehen. Were inen auch nit gemeynt zu gestatten, das die iren in eynich wege wider das Hl. Reich solten von yemands gepraucht werden. Und wiewol inen deßhalben auch in gemeyne orter der Eydgenosschaft von kgl. Mt. ein mandat oder missiveschrift [Nr. 48] zukomen were, darinnen ir Mt.a hochlichen anzuge, wie sie dem Kg. von Frankenrich seins uncristenlichen furnemens und tuns furdrung und hilf teten, mit vil andern hohen anziehen, were nit wenigers, inen were solichs zumal sere beswerlichen gewest und noch. Dann inen were dergleichen schrieften ye von röm. Kss. oder Kgg. nye zukomen, hetten auch derhalben ir unschuld gegen kgl. Mt. reten, so jungst zu Baden gewest, angezeigt [Nr. 51, Pkt. 3] . Weren auch wol entschlossen gewest, sich uf den Reichs tag gein Costenz zu Kff., Ff. und stenden des Hl. Reichs zu fugen und sich solichen schweren uflegens zu verantworten, hetten es aber im besten unterlassen, als die, die sich ungern wider iren obersten und allergnst. H., den röm. Kg., bewegen wolten lassen, solichs, als wol not gewest, zu anden. Beten uns aber, ir verantwortung bei den stenden des Hl. Reichs mit dem besten anzupringen. Dann ir gemut, herz noch will were nye gestanden oder noch nit stunde, das sie sich von dem Hl. Reich tun oder darwider handlen /423’/ hetten wollen. Es were auch bey iren eltern nye erfaren, sondern das sie sich als verwante des Hl. Reichs mit irem manigfeltigen plutvergiessen allweg getreulich erzeigt und also gehalten, were darwider gewest, das sie dem alles ires vermogens widerstand getan. In solicher irer eltern fußstapfen wolten sie treten, nit geringer sein, sonder die ersetzen, bei zeit ires lebens ire kinder auch daruf weisen, das sie auch ire nachkomen dergleichen unterweisten, also das in ewig zeit anders von ine nit erfarn solt werden. Darumb wo ymands, were der were, der dem Hl. Reich und teutscher nacion solich hochste wirde und ere der ksl. cron abzihen und benemen oder in ander weg abbruch tun wolte, darwider wolten sie sich als fromme Teutzschen, und die zu dem Hl. Reich gehorten, mit leib und gut setzen, das helfen retten und erzeigen, das man sehe, das inen solichs nit lieb were. Des solt sich das Hl. Reich, Kff., Ff. und stende desselben trostlichen zu inen versehen.
[2.2.] Deßhalben, dieweil unser beschließlich biet daruf stunde, das sie kgl. Mt. wolgefellig antwort solten geben, darab Kff., Ff. und stende des Hl. Reichs auch gefallen mochten tragen, so hetten sie auch den kgl. reten antwort geben: erstlich der fußknecht halben, das sie die ytzo stundans abfordern und dabey verorden wolten, ob yemands aus inen sich der abfordrung widersetzen wurde, das aus yedem ort in sonderheit geschrieben und also anheyms- /424/ bracht, wie, sie nit zweifelten, gescheen wurde. Des romzugs halben, die ksl. cron zu erholen, weren sie willig, kgl. Mt. darzu knecht volgen zu lassen und darzu zu helfen; doch so kgl. Mt. den furzunemen beschlissen wurde, das inen solichs zeitlich verkundet, auch malstat und zeit benant wurde, vom solde, bestallung, zeit und anderm, auch wider wen man sie gebrauchen wolt, zu handeln und zu reden und die zeit des angenendenb solds zu beschliessen. Darin wolten sie sich fuglichen halten, darab kgl. Mt. nit mißfallen wurde entpfaen. So hetten auch die kgl. rete mit inen von eyner eynigung wegen gehandelt. Dieweil wir dann gehort, wie sie in eynigung mit dem Kg. von Frankreich stunden, so mochten wir villeicht selbs furwenden, wiewol das Hl. Reich ußgenomen were, so mocht die dannost nit hoch ersprießlich sein. Aber so die außgangen were und dann ichts weiters an sie gelangen wurde, darin wolten sie sich abermals fuglichen vernemen lassen, des sie hofften, fug und ere zu haben. Wo nun unser gnst. und gn. Hh. Kff., Ff. und stende des Hl. Reichs ab solicher antwort ein gn. wolgefallen entpfaen wurden, als sie hofften, tun wurden, so were inen solichs (und nit unpillich) ein grosse freude. Dann ye ir gemut und will nit anders stunde, dann bey dem Hl.c Reich teutscher nacion, der ere und wirde zu pleiben und sich davon nymmermer zu wenden. Beten uns, solichs ufs treulichst der versamlung anzusagen.
[2.3.] /424’/ Nach beschlus dieser rede hat er weiter uß bevelhed der andern geredt, wie er zu reden vergessen gehabt, nemlich, als die kgl. rete zu Obernbaden jungst gehalten tags gewest, do weren zwo potschaft vom Kg. von Frankreich, eine aus Frankreich, die ander aus Lombardia komen, aber keine von der andern gewust. Hetten sich aber bede lassen vernemen, zu sagen, iren herren langet an, wie ime von röm. kgl. Mt. uferlegt werde, das er sich untersteen wolt, die ksl. cron dem Hl. Reich und teutzscher nacion abzuerlangen, dergleichen den hl. stul zu Rome zu seinem gewalt und gefallen zu betrangen. Wer ime das zulegt, der tet ime unrecht, hett der keynes zu tun ye gedacht. e–Wuste auch wol, das ime die ksl. cron nit zustunde, sonder teutzscher nacion. Wo auch röm. kgl. Mt. die zu Rome haben wolte und ine darin ersuchte, wolte er ime furdrung und hilf mit offnung wege und stege mitteylen–. Wo es auch anders an sie gelangt, das sie dem keinen glauben geben wolten. Dann wurden sie es anders erfinden, so solten sie ime oder seiner botschaft hinfur in ewig zeit nymmer trauen und glauben. Solich entschuldigung hetten sie, die Eydgnossen, den kgl. reten alßbalde eroffnet und sich versehen gehabt, sich solten wort und werk gegeneinander vergliechen haben, wann man soliche ding von grosser Hh. wegen zusagt. Das geben sie uns auch zu erkennen.
[3.] /425/ Mit solicher antwort sind wir nach zimlicher danksagung und annemen derselben, das wir die an unsere gnst. und gn. Hh. Kff., Ff. und stende des Hl. Reichs bringen wolten, von inen und zu den kgl. reten gegangen.
Die haben uns und wir inen gegebne antwort eroffnet. Und als die gleichmessig bey uns allen geacht, ist solichs kgl. Mt. zugeschrieben worden4, irer Mt. gemut ferner daruf zu vernemen.
[4.] Daruf dann gevolgt ist, das die Eydgenossen von wegen kgl. Mt. und der stende des Hl. Reichs gebeten sind worden, sich zu erheben und gein Costenz zu fugen, weiterer handlung zu warten. Ist also von inen gutwillig gescheen.
[5.] Alßbalde ist auch ein franzosisch botschaft zu Schaffhausen erschinen und hat abermals seinen herrn des uflegens wollen verantworten. Ist gehort von den Eydgenossen. Aber als er weiter hat angezeigt, wie sein herr uf ansuchung unsers hl. vaters, des babsts, in furnemen stee, Bononia zu uberziehen und die dem hl. stul zu Rome noch mer gehorsamer zu machen, dann sie noch sein, alßbald sind sie gemeinglichen ufgestanden und ime darunter geredt, das sey ir meynung ganz nit zu gedulden. Ist die botschaft darvon gefallen und hat gesagt, er versehe sich, sein herr werde weiter vom babst angesucht umb hilf. So das geschee, so werde er ime die leysten. /425’/ Er hat auch aller handlung kgl. rete, auch der stende rete werbung in schrieften ime zu ubergeben ein abschid gebeten. Das ist ime, wiewol es vormals oft gescheen sey, dasmals versagt worden.
[6.] Die rete von wegen des Hl. Reichs stende sind gewest
Von wegen der Kff.: Thoman Rud, menzischer hofmeister; Eytelwolf vom Stein, ritter.
Von wegen geystlicher und weltlicher Ff.: Peter von Aufses, probst zu Camberg, tumherr etc.; Hans von Emerßhofen, pfleger zu Eychach.
Von wegen der stett: Johann More, schulthes zu Frankfurt.